Montag, 26. Oktober 2015

50 Years Ago....Sylvia Likens, the girl I can not forget

Sylvia Likens
03.01.1949 - 26.10.1965

Ich muss um die 22 oder 23 gewesen sein, als mir in einem Buchladen Kate Millets Buch "Im Basement" in die Hände fiel, und damit die Geschichte der 15jährigen Sylvia Likens, deren Rekonstruktion von Kate Millet versucht wird.

"Ich wünschte, es gäbe dieses Buch nicht. Es ist ein Buch über die Qual und das Quälen und noch ein paar Dinge, von denen ich wünschte, es gäbe sie nicht. Über die zu sagen, es gibt sie nicht, ich versucht bin. Ein Buch, das die Autorin 14 Jahre lang gequält hat, das mich quält und jeden seiner Leser quälen wird." 
-Angela Praesent-

Dieser Satz trifft so ziemlich genau die Reaktion von Leserinnen auf das Buch, mich eingeschlossen. Dieses Buch quält.Versuche, es mit Freundinnen und Kommilititoninnen zu besprechen, liefen ins Leere und blieben ungewohnt resonanzlos. Es wurde zumeist gar nicht erst, nach Studium des Klappentextes, oder nicht bis zu Ende gelesen.Es widersetzte sich ganz offenbar gängigen Verarbeitungs- und Kommunikationsmechanismen. Das Reden über das, was Sylvia Likens widerfahren ist, fiel schwer. Eine nicht zu unterschätzende Rolle dafür kann sicherlich der Tatsache zugeschrieben werden, dass es eine Frau war, die in diesem Fall für das Leiden und den Tod eines Mädchens verantwortlich war, die das Quälen orchestrierte und die ihre Kinder und Kinder der Nachbarschaft einlud, es ihr gleichzutun. Nach der Lektüre fühlte ich mich beschmutzt, wie nach einer Vergewaltigung, nach deren Ende man zwar überlebt, aber seine Unschuld und letzte verbliebene Naivität in Bezug auf das, was Menschlichkeit sein könnte, verloren hat.

Vor ein paar Monaten kam diese Geschichte, wieder hoch durch einen Film, den Dirk ohne zu wissen um was es darin ging, heruntergeladen hatte, "An American Crime", gedreht 2007. Es berührte mich zu sehen, dass es noch andere gab, die Sylvia Likens Geschichte, offenbar nicht vergessen konnten.Ich googlete und stellte fest, dass es noch heute eine website gibt, die Sylvia Likens gewidmet ist und dass in der Presse, auch bis heute, immer wieder Artikel auftauchen, meist  Bezug nehmend dann auf Mitbeteiligte oder Familienmitglieder oder späte Rezensionen des Buches. -

"Man sollte sich dieses Buch nur zulegen, wenn man bereit ist, sich mit den tiefsten Abgründen von Menschen auseinander zu setzen."
source
"...a crime so foul and mindless it makes me rather sad that the human race was ever created"

I must have been around 22 or 23 when, in a bookstore in Berlin, Kate Millet's book "In the Basement" fell into my hands, and thus the story of 15 year old Sylvia Likens, whose reconstruction is attempted by Kate Millet.

"I wished this book didn't exist. It is a book about agony, torment and torture and a few things that I wish did not exist. About which I am tempted to say that such things do not exist. A book that has tormented the author for 14 years, which torments me and torments each of its readers."
 -Angela Praesent-

This sentence is true and reflects pretty much the reaction of readers to the book, including me. This book torments. Efforts to discuss it with friends and at university, came to nothing and remained unusually without any resonance.It was mostly not read at all, after scrolling through the cover text, or not read until the end. Obviously it defied common processing- and communication mechanisms. Talking about what Sylvia Likens had gone through, seemed impossible. Certainly not to be underestimated in this context the fact that it was in this case a woman who was responsible for the suffering and the death of a girl, a woman who orchestrated the torture and who invited her children and children of the neighborhood, to do the same. After reading I felt soiled, as though as having eventually survived a rape, but with the loss of  innocence and last remaining naivety in terms of what was believed humanity could positively stand for.

A few months ago the story came back to me by a movie that Dirk had downloaded without knowing what it was about, "An American Crime", filmed in 2007. It touched me to see that there were still others who had evidently not been able to forget Sylvia Likens' story. I googled and found that there is still a web site dedicated to Sylvia Liken, and that in the press, until today, articles frequently have surfaced, mostly referring then to accomplices, family members or late reviews of the book.

Das Haus, in dem Sylvia Likens über einen Zeitraum von 3 Monaten misshandelt wurde.Hier lebten Gertrude Baniszewski und ihre sieben Kinder
The house where Sylvia Likens was tortured over a period of three months

Am 26. Oktober 1965 wurde in Indianapolis, Indiana, die abgezehrte Leiche eines sechzehnjährigen Mädchens namens Sylvia Likens in einem Hinterschlafzimmer von Gertrude Baniszewskis Haus in der New York Street aufgefunden. Die Leiche war mit Wunden übersät, und die Worte ''Ich bin eine Prostituierte und stolz darauf'' waren auf ihren Bauch geritzt. Sylvias Eltern hatten sie und ihre jüngere Schwester, Jenny Likens, im Juli bei Gertrude, einer alleinerziehenden Mutter mit sieben Kindern, in Pflege gegeben.

"Die Schläge und Mißhandlungen, die Sylvia während der Sommermonate erleiden mußte, hatten sich bis September so gesteigert, daß sie die letzten Wochen ihres Lebens als Gefangene im Keller des Hauses zubrachte. Gertrude Baniszewski wurde zusammen mit drei ihrer jugendlichen Kinder und zwei Jungen aus der Nachbarschaft, Coy Hubbard und Richard Hobbs, des Mordes angeklagt."

Die siebenunddreißigjährige "Gerty" Baniszewski, die während des Prozesses jede Beteiligung an den wochenlangen Folterungen (mit glühenden Nadeln, Bügeleisen und Gardinenstangen, mit siedendem Wasser und Colaflaschen, mit Judogriffen, brennenden Zigaretten, Fußtritten in die Vagina, Fesselung und Nahrungsentzug) leugnet, wird schließlich wegen vorsätzlichen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Ihre halbwüchsigen Mittäter, Nachbarsjungen und einige ihrer eigenen sieben Kinder, werden freigesprochen oder erhalten kürzere Haftstrafen. Alle sind sie in den Augen der gutachtenden Psychiater zurechnungsfähig.-


On 26 October 1965, the emaciated body of a sixteen year old girl named Sylvia Likens was found in a back bedroom of Gertrude Baniszewski's house in Indianapolis, Indiana, in the New York Street. The body was covered with wounds, and the words '' I'm a prostitute and proud '' were scratched on her belly. In June Sylvia's parents had left her and her younger sister, Jenny Likens, in the care of Gertrude Banisisxewski, a single mother of seven children.
"The beatings and ill-treatment inflicted on Sylvia during the summer months had, until September, so increased that she spent the last weeks of her life as prisoner in the basement of the house. Gertrude Baniszewski was together with three of her adolescent children and two boys of the neighborhood, Coy Hubbard and Richard Hobbs, charged with murder. 
"The thirty-seven "Gerty" Baniszewski who (with hot needles, iron and curtain rods, boiling water and cola bottles, with Judo handles, burning cigarettes, kicks in the vagina, tying up and deprivation of food) denies during the court case any involvement in the week-long torture, but was eventually convicted of premeditated murder to life imprisonment.
Her teenage accomplices, the boys next door and some of her own seven children are acquitted or receive shorter prison sentences. They all were considered sane in the eyes of the evaluating psychiatrist.



More on the verdicts of the participants of the crime here

Das Buch selbst ist längst vergriffen, wie die meisten Arbeiten von Kate Millett, aber der Fall von Sylvia Likens wurde nicht vergessen.

Vielfach wurde die Frage erörtert, was Kate Millett bewogen hat, über diesen Fall schreiben zu wollen und warum darüberhinaus jemand darüber lesen wollte. Es gab Kritiker, die sich darüber ausließen, dass Gertrude Baniszewski Verbrechen  "zu exzentrisch sei, um etwas zu veranschaulichen"; es hätte nichts mit den alltäglichen Beziehungen von Erwachsenen und Kindern, Frauen und Frauen oder Männer und Frauen zu tun. Es fielen auch Sätze wie ", Amerikaner ... lieben ihre Kinder." Nur eine Minderheit missbrauche sie, und diese Minderheit zähle nicht.

"In der Tat wäre es sehr viel genauer und ehrlicher zu sagen, dass die Amerikaner (wie Erwachsene überall) ausgesprochen ambivalent sind, wenn es um ihre Kinder geht. Millett versucht, mit "Im Basement"die Tiefen der hässlichen Seite dieser Ambivalenz zu erkunden, in der Überzeugung, dass das Extreme das Gewöhnliche, das Normale beleuchtet. Sie war nicht die erste feministische Schriftstellerin, die die Unterdrückung von Kindern mit der von Frauen asooziiert. In Shulamith Firestone "The Dialectic of Sex" (1970) schloss eine lange Analyse zu Kindern in einer Welt der Erwachsenen mit den Worten:

"Kindheit ist Hölle. ... Wir müssen die Unterdrückung von Kindern in jedem Programm für eine feministische Revolution miteinbeziehen, oder, andernfalls, werden wir dem gleichen unterliegen, dessen wir so oft Männer beschuldigt haben, nicht tief genug in unserer Analyse gewesen zu sein ... nur weil es uns nicht unmittelbar betraf. ... Die Mutter, die ihr Kind umbringen will, für das, was sie ihm geopfert hat, lernt das Kind nur zu lieben, wenn sie begreift, dass es genauso hilflos, genauso unterdrückt ist, wie sie selbst. ..." -

The book itself is long out of print, like most of Millett´s work, but the case of Sylvia Likens has not been forgotten.

Often, the issue was discussed, what Kate Millett has moved to want to write about this case and why on top of it anyone would want to read about it. There were critics who complained heavily about the fact that Gertrude Baniszewski crime "was too eccentric to illustrate something"; it had nothing to do with the everyday relations of adults and children, men and women, or men and women. There were also phrases like "... Americans love their children.Only a minority abuse them, and that minority does not count."

"In fact it would be much more accurate and honest to say that Americans (like adults everywhere) are intensely ambivalent about their children. What Millett is trying to do in "The Basement" is explore the depths of the ugly side of that ambivalence, in the belief that the extreme illuminates the ordinary. She wasn't the first feminist writer to tie the oppression of children to that of women. In "The Dialectic of Sex" (1970) Shulamith Firestone concluded a long analysis of children's place in a world of adults by saying,"
"Childhood is hell. ... We must include the oppression of children in any program for feminist revolution or we will be subject to the same failing of which we have so often accused men: of not having gone deep enough in our analysis ... merely because it didn't directly concern us. ... The mother who wants to kill her child for what she has had to sacrifice for it ... learns to love that child only when she learns that it is as helpless, as oppressed, as she is...".
Sources & related:
- Ein heftiger Schlag ins Gesicht/news.de 13.07.2011 (Über den Film "An American Crime")
- The Girl in the Basement/  This is so gay blog 04.06.2007
- Sylvia Likens on wikipedia/ English, Deutsch, francais
- Kate Millett "The Basement: Meditations on a Human Sacrifice"/originally published 1979, last edition 1999, see reviews

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